Wein und Drohnen

Wein und Drohnen
© Weingut Roter Faden

Drohnen und Biodynamik – das scheint auf Anhieb erst einmal nicht so recht zusammenzupassen. Bei näherem Hinsehen zeigen sich jedoch auch Vorteile, gerade im biodynamischen Weinbau. Wir haben bei einem Winzer nachgefragt.

Seit mindestens 700 Jahren ist die Gegend um Vaihingen an der Enz Weingebiet. Vor zehn Jahren begann hier Hannes Hoffmann zusammen mit seiner Frau Olympia Samara auf dem ehemaligen Gut seiner Großeltern Reben auf biodynamischer Grundlage anzubauen. Teile des Geländes sind dabei allerdings durchaus herausfordernd: „Bei uns gibt es noch traditionelle Muschelkalk-Terrassen mit Trockenmauern, die sind ein Kulturgut! Und wir sind durch all unsere Erfahrung überzeugt, dass sie darüber hinaus auch hervorragende Qualitäten liefern.“ Die Steillagen in Terrassenform sind allerdings teilweise schwer zugänglich, landwirtschaftliche Fahrzeuge lassen sich hier nicht einsetzen. Sie lassen sich nur mit dem bewirtschaften, was man in der Hand tragen kann. Diese Hindernisse machen sich nicht nur bei der laufenden Pflege und Ernte der Rebstöcke bemerkbar, sondern auch beim Aufbringen der für den biodynamischen Weinbau typischen Spritzpräparate sowie der biologischen Pflanzenschutzmittel: „Diese Terrassen mit einer Spritze von rund 20 Kilo auf dem Rücken zu bearbeiten ist unglaublich anstrengend und zeitintensiv, man braucht hier im Vergleich zu anderen Lagen mindestens die fünffache Zeit“, erzählt Hannes Hoffmann.

Irgendwann erfuhr der Winzer von der Möglichkeit, mit Hilfe einer externen Firma Präparate und Schutzmittel von Drohnen aus zu sprühen. Er entschied sich für den Versuch. „Mich hat von Beginn an fasziniert, wie präzise die Drohnen arbeiten“, erinnert sich der Winzer. Seither heben vom Weingut mit dem schönen Namen Der rote Faden regelmäßig die schweren Geräte ab und surren fast geräuschlos über die Reben. „Es ist nicht ganz das gleiche, als wenn ich mit Traktor oder per Spritze mit der Hand arbeite, aber wir machen gute Erfahrungen damit“, sagt Hannes Hoffmann.

Vorteile der fliegenden Helfer

Der Einsatz per Drohne ist für den Betrieb zeitsparend und ermöglicht zudem, dass die Präparate auch mehrfach aufgebracht werden können – was beim Einsatz per Hand aus Gründen der Effektivität undenkbar wäre. „Alles in allem ist die Drohne aus meiner Sicht eine willkommene Unterstützung“, sagt der studierte Weinbauer, der inzwischen selbst als Umstellungsberater für Demeter arbeitet. Er empfiehlt die Drohne auch für Kolleginnen und Kollegen, die mit besonderen Lagen zu tun haben. Übrigens hat die Drohne auch für den Flächenanbau jenseits der Reben Vorteile: Zum Beispiel bei feuchter Wetterlage, wenn ein Traktor den Boden stark verdichten und Spuren eingraben würde. Und gerade die feuchten Zustände des Bodens sind für die Aufnahme der Präparate und ihre Wirkung im mikroorganismischen Bereich vorteilhaft.

Die Frage der Qualität

Natürlich hat sich auch beim Weingut Roter Faden die Frage gestellt, ob die Drohne im Gegensatz zur Gebläsespritze per Traktor oder per Hand zu einem Verlust an Wirkung führt. Von Beginn an stand die Befürchtung im Raum, ob sich etwa die elektronische Steuerung der Drohne oder elektromagnetische Felder auf die Beschaffenheit der Hornmist- und Hornkiesel-Präparate und dann indirekt auch auf die angebauten Früchte auswirken könnte. In einer Studie des Forschungsrings für biodynamischen Landbau in Darmstadt ist man dieser Frage nachgegangen. Man entnahm zunächst Proben aus Präparaten, die zum einen mit der üblichen Gebläsespritze und zum anderen mit der Drohne versprüht wurden. Verglichen wurden die Proben anhand von Kristallisationsbildern. Laut der Studie zeigten diese Kristallisationsbilder bei Einsatz der Gebläsespritze „kräftige, grobe und mineralische“ Strukturen, die durch Drohnen versprühten Mittel zeigten sich „kräftig und flächig“, das Zentrum wirke jedoch „gehemmt und verfilzt“. Außerdem wurden Vergleichsfelder mit Dinkel angelegt, auf denen die Präparate mit üblichen Düsen per Traktor und dann mit Drohnen ausgebracht wurden. Beim Vergleich der Kristallisation der jeweiligen Dinkelproben hätten die Ergebnisse eindeutig für die Behandlung mit der Gebläsespritze gesprochen.

Beim Wein gibt es solche Studien bislang nicht. Hier wäre zudem die Frage, ob sich die Unterschiede in der Sprühpraxis überhaupt bis ins Geschmackliche durchschlagen. Dafür hat Winzer Hannes Hoffmann bislang keine Anhaltspunkte. Ein Riesling des Weinguts wächst ausschließlich in Steillage und wird mit Hilfe von Drohnen gepflegt. „Natürlich kann ich da ein wenig subjektiv sein, aber uns ist da keinerlei geschmackliche Veränderung im Charakter des Weins aufgefallen“, sagt Hoffmann. Der Fachmann gibt auch zu bedenken, dass der Einsatz von Drohnen im Bereich der Biodynamik noch ganz am Anfang steht. Möglicherweise könnten die Geräte in Zukunft noch weiter optimiert werden. Auch bei der vom Traktor gezogenen Gebläsespritze hat es ja von biodynamischer Seite aus Innovationen gegeben, um die Sprühwirkung zu optimieren. „Man muss da dranbleiben.“

Für das Weingut Roter Faden ist am Ende wichtig, dass neben der Arbeitsersparnis durch die fliegenden Helfer auch die Pflege einer uralten Landschaftsregion unterstützt wird. „Diese besonderen Weinberge gibt es seit mehr als 30 Generationen, sie erfreuen die Spaziergänger, aber sie werden immer seltener, weil sie so viel Handarbeit verlangen – insofern ist die Drohne auch ein Mittel, diese Kulturlandschaft zu erhalten.“ ///

Mehr Informationen über Der rote Faden unter www.weingutroterfaden.de

Dieser Beitrag stammt aus der info3-Ausgabe Juni 2025.

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Zeitschrift info3, Ausgabe Juni 2025: Demeter im Wandel

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Über den Autor / die Autorin

Jens Heisterkamp

Jens Heisterkamp, geboren 1958 in Duisburg, wuchs im Ruhrgebiet auf. Er studierte an der Ruhruniversität Bochum Geschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie und wurde 1988 zum Dr. phil. promoviert. Nach der Begegnung mit der Anthroposophie lernte er während seines Zivildienstes die Heilpädagogik kennen und arbeitete als Dozent in der Erwachsenenbildung, kurzzeitig auch als Waldorflehrer, dann als Herausgeber und Autor. Seit 1995 ist er verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift info3 sowie Verleger und Gesellschafter im Info3 Verlag in Frankfurt am Main. Seine Themen sind Dialoge in Religion, Philosophie und Spiritualität, Offene Gesellschaft, Ethik.