Endlich wieder Kolumne schreiben! Die Freude ist groß und so stelle ich mich hier einmal kurz vor. Manche kennen mich schon als „Montagskind“, denn so heißt mein gleichnamiger Blog – und so bin ich. Als geborenes Montagskind verspüre ich eine vorfreudige Hingabe an alles Neue. Ich bin Waldorf-Klassenlehrerin, Gesundheitspädagogin und Schreiberling. Alles aus Leidenschaft.
Schließlich sollen die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen einen gesunden, entwicklungsfördernden Schulalltag erleben, in dem es auch selbst verfasste Zeugnissprüche für jedes Kind, gemeinsam erdachte Spiele und fantasievolle Geschichten gibt – und zwar aus der vertrauten Beziehung heraus entstanden. Dabei jeden Tag, einfach immer wieder, neu gedacht und fein justiert. Mit ganz viel Herzblut.
Schule in Beziehung, Lernen in Beziehung. Was bedeutet das? Beim Hereinkommen durch die Klassenzimmertür am Morgen wie auch später im großen Gesprächskreis sehe ich jeden einzelnen jungen Menschen und weiß, wie es ihm oder ihr geht. Gleichzeitig weiß und hoffe ich, dass sich jedes einzelne Kind auch von mir gesehen fühlt.
Andersherum – und das sind nun einmal die zwei Seiten einer Beziehung – kennen die Kinder mich auch sehr genau. Seit der ersten Stunde, dem Tag ihrer Einschulung, studieren sie auch mich. Wenn man sich in einer ersten Klasse unbedacht am Kopf kratzt, wird einem dies erst bewusst, wenn man plötzlich einige Kinder sieht, die dies auch tun. Später wird man, wenn man nicht aufpasst wie ein Luchs, gezielt in ein Gespräch verwickelt – und plötzlich ist die Stunde fast vorbei.
In allem ist man Vorbild. Immer. Nicht nur, wenn man etwas tut oder sagt – auch dann, wenn man es halt nicht tut. Man agiert und reagiert. Ständig. Und alles, wirklich alles, wird registriert. Genau das muss für alle Beteiligten auf gesunden Beinen stehen. Wir haben immer Zeit und Raum für das zugewandte Miteinander, die ganz achtsamen Momente, die erlebbare Selbstwirksamkeit.
Meine Klasse ist jetzt im siebten Schuljahr und ich werde auch durchaus einmal vom nachahmenswerten Vorbild zur Reibungsfläche. Man richtet nun vermehrt kritische oder zumindest weit nachfragende Blicke auf mich. Pubertät ist nämlich, wenn einem der Spiegel vorgehalten wird. Ob man will oder nicht. Ist auch nicht immer ganz angenehm, um ehrlich zu sein. Es unterstreicht aber: Wir sind ein Safespace. Das wiederum fühlt sich richtig gut an.
Ein ganzes Jahrsiebt, praktisch die Hälfte ihres Lebens, verbringen die meisten Schüler:innen meiner Klasse schon mit mir als ihre Kapitänin, Lernbegleiterin, sichere Bank. Wir sind zusammengewachsen. Wir lernen voneinander. Wir lernen miteinander. Im Mittelpunkt der Mensch. Ganzheitlich, gleichwürdig, gemeinschaftlich.
Dieser Beitrag stammt aus der info3-Ausgabe Januar 2025.