Der Klimakrise als einem der größten Probleme der Gegenwart sind zahlreiche Ideen, Vorschläge und Bücher gewidmet. Die allermeisten von ihnen wollen im Äußeren, im Dreieck von Innovation, Ersparnis und Verzicht etwas ändern. Die Alchemie der Klimakrise wählt einen völlig anderen, einen wahrhaft alchemistischen, man kann wohl auch sagen spirituellen Ansatz. Der geht davon aus, dass nur da, wo Menschen in sich etwas verändern und verwandeln, sich auch im Äußeren etwas verändert und verwandelt. Wer also Berechnungen, konkrete Vor- und Ratschläge oder Adresslisten sucht, wird hier nicht fündig.
Dennoch bleibt das Äußere nicht völlig unberücksichtigt. Das Buch beginnt mit einer sinnigen, beinahe liebevollen Erzählung der Bedeutung von Kohlendioxid (CO2) für das Leben auf der Erde. Plastisch wird die Bildung der Atmosphäre um die Erde beschrieben, die mit der Bindung von CO2 in den fossilen Brennstoffen einhergeht. Besonders schön ist der Vergleich der Erd-Atmosphäre mit der Venus-Atmosphäre einerseits – dort herrscht ein überschießender Treibhauseffekt mit sehr viel CO2 in der Atmosphäre und großer Hitze – und der Atmosphäre des Mars, dem die Atmosphäre mangels Gravitation ständig entgleitet und wo es deshalb eiskalt und nahezu CO2-frei ist.
Auch der CO2-Austausch in der Atmung zwischen Pflanze und Mensch wird – eingeleitet durch die erste von acht über das Buch verteilten Übungen – beschrieben. Das ist für die Forschergruppe der Einstieg in innere Beobachtungen, die dann im weiteren Verlauf geschildert werden. Leitend dafür war eine Aussage von Rudolf Steiner, die auch den Anstoß für das ganze Forschungsprojekt gegeben hat: „Wenn der Mensch seine Gedanken nicht belebt, wenn er stehen bleibt bei den bloß intellektualistischen, toten Gedanken, muss er die Erde zerbrechen. Das Zerbrechen beginnt allerdings bei dem dünnsten Elemente, bei der Wärme.“ Die Behandlung der Wärme-Atmosphäre der Erde ist also nicht nur inhaltlich eine Beschäftigung mit diesem Satz, sondern auch im Wie: die ganze Darstellung hat gar nichts intellektualistisches, sondern schildert die Verhältnisse bildhaft, seelisch ansprechend und zugleich auf den naturwissenschaftlichen Fakten basierend.
Nach einer kleinen Einführung in eine moderne Alchemie, für die der Stein der Weisen – das Ziel mittelalterlicher Alchemisten – intim mit dem Kohlenstoff verbunden ist, geht es dann an konkrete Beobachtungen. Verschiedene Kohlenstoffformen von der Holzkohle bis zum Benzin, CO2-Zustände etwa in der Atemluft oder in Auto-Abgasen und Energiegewinnungsformen zwischen Holz und Müllverbrennung werden mittels Bildekräfteforschung und geomantischen Methoden untersucht. Vor allem die Bildekräfteforschung wird mit Erster-Person-Forschung und Resonanzphänomenen gut begründet und führt zu Zeichnungen, die die inneren Beobachtungen konsistent wiedergeben – das trifft auf die Geomantie nicht in gleichem Maße zu. Es geht aber gar nicht in erster Linie um die Ergebnisse – die jedoch auch interessant sind! –, sondern viel mehr um eine neue Verbindung mit den durch innere Wahrnehmungen am eigenen Lebens- und Seelengefüge untersuchten Phänomenen. Hier handelt es sich eher um einen Forschungsbericht als um eine Anleitung für ein inneres Verhältnis zu unserer Erde – so der Untertitel des Buches.
Die Forschergruppe, aus der das Buch hervorgegangen ist, bildeten gut mit diesen Methoden vertraute Persönlichkeiten: Ulrike Wendt, Markus Buchmann, Wolfgang Schneider, Annemarie Thimm und Jörg Thimm-Hoch. Das Buch ist besonders ansprechend gestaltet, farbig gegliedert und durch viele wunderbare Zitate bereichert. Auch das durchgearbeitete Quellenmaterial kann sich sehen lassen.
Wer das Buch gelesen hat, wird nicht mit fertigen Antworten ausgestattet, aber es entstehen Fragen und ein neues Hinschauen auf die Klimakrise und die Erde als Ganze. Die Autor:innen bauen darauf, dass sich daraus ebenso wie aus den eingestreuten Meditationen und Übungen eine neue Moral bildet, die schließlich auch zu einer Lösung der Klimakrise führen kann. „Wir sind der Wandel. Wir sind das Klima. Die Erde wartet auf uns.“
Dieser Beitrag stammt aus der info3-Ausgabe Februar 2025.