Demeter im Supermarkt: Nach der vor Kurzem begonnenen Kooperation mit der Drogeriemarkt-Kette „dm“ gibt Demeter jetzt auch eine Platzierung von Demeter-Produkten in der Einzelhandelskette „Globus“ bekannt. Gespräche mit der „Real“-Kette laufen ebenfalls. Für Demeter bedeutet dies einen gewichtigen Schritt. Über Risiken und Chancen sprach info3 mit Dr. Simone Helmle von der Demeter-Akademie.
Frau Helmle, wie haben Sie und die Kollegen bei Demeter auf die Anfrage der Globus-Kette reagiert – vor zwanzig Jahren wären das ja noch unvereinbare Welten gewesen? Wie geht es Ihnen selbst als biodynamisch verwurzelter Mensch mit dieser Entwicklung?
Ich sehe das als große Chance und große Herausforderung gleichermaßen. Was wir uns vor noch nicht allzu vielen Jahren nicht haben vorstellen können, ist, dass Bio, dass nachhaltige Produkte insgesamt zu solch einer anhaltenden Verbreitung kommen und dass insbesondere Demeter zu einer so populären Marke werden würde. Man hat sich in den 70er oder 80er Jahren ja auch nicht vorstellen können, dass so ein Konzept wie Biosupermärkte funktionieren würde. Heute haben wir die erfreuliche Situation, dass Bio sehr verbreitet ist, wir einen differenzierten Naturkostfachhandel haben und dass wir ein Grundsortiment an Bioprodukten überall im Lebensmitteleinzelhandel kaufen können – natürlich in sehr unterschiedlichen Erzeugungs- und Verarbeitungsqualitäten.
Vor einiger Zeit schon entstand für Demeter zuerst die Zusammenarbeit mit Edeka-Südwest, aus der Situation heraus, dass über Edeka vorhandene Überschüsse regional vermarktet werden konnten. Irgendwann wurde es dann schwierig zu begründen, warum Edeka eine Ausnahme war und andere Ketten nicht bei Demeter mit dabei sein durften. Deshalb wurden Vertriebsgrundsätze geschaffen, mit denen wir nun erstmals auch Qualitätskriterien für den Handel definieren. Wenn es gelingt, mit dem Lebensmittelhandel so zusammenzuarbeiten, dass wir Bio auf einem hohen, zukunftsweisenden Standard weiterentwickeln, dann erreichen wir damit enorm viele Menschen.
Was erhofft sich Demeter nun von der neuen Kooperation mit den Globus-Märkten?
Globus selbst erhofft sich durch die Zusammenarbeit mit Demeter nach eigenem Selbstverständnis einen positiven Einfluss auf die gesamte Unternehmenskultur. Wir erhoffen uns von der Platzierung eine größere Reichweite für unsere Produkte und wir hoffen, dass sich die Unternehmen aktiv mit den Demeter-Werten und dem Biodynamischen auseinandersetzen. Für uns ist es wichtig, dies in einer guten Verbindlichkeit zu machen. Weiterhin wird Demeter dabei die Beziehung zum bewährten Vertriebspartner, dem Naturkostfachhandel, pflegen, gestalten und weiter ausbauen.
Bei Demeter gibt es ja Marken- und Vertriebsgrundsätze, die besagen, wo und wie Demeter-Produkte verkauft werden. Dazu gehört auch eine kompetente Beratung durch die Mitarbeiter vor Ort. Was sagt Globus dazu?
Wir haben seit Herbst 2016 Vertriebsgrundsätze, die festschreiben, dass das Personal an Abverkaufsstellen binnen drei Jahren bei einer von Demeter anerkannten Schulung entsprechendes Fachwissen erlangt. Das Verkaufspersonal muss also Auskunft geben können über die Demeter-Philosophie und unsere Produkte. Das haben wir mit Globus im Vorfeld der Vertragsanbahnung ausgearbeitet. Ziel ist, über die Begeisterung für Demeter in den Läden ein gutes Demeter-Wissen aufzubauen.
Wie können Sie gewährleisten, dass diese besondere Qualität nicht in der Supermarkt-Atmosphäre untergeht?
Schon im Rahmen der Vertragsanbahnung legen wir Wert darauf, dass man in den Läden unsere Produkte deutlich erkennen kann, dass die Werbung entsprechend informativ ist und zu Demeter passt.
Haben Sie denn Einfluss darauf?
Die Werbung unserer Vertragspartner wird mit uns abgesprochen und wir beraten sie auch inhaltlich. Das wird sehr offen und dankbar angenommen.
Wie sieht es mit der Erkennbarkeit der Produkte aus – im Rahmen eines Markennutzungsvertrages haben Sie ja bereits mit dm nicht die klassische Demeter-Marke verwendet, sondern ein abweichendes Siegel. Warum?
Die Mitglieder des Verbandes haben mit dem biodynamischen Siegel für Handelsmarken eine Unterscheidung geschaffen zwischen Produkten von Demeter-Markenherstellern und Bio-Handelsmarken, die vom Kunden meist als günstige Einstiegsmarken wahrgenommen werden. Für beide gelten aber dieselben Erzeugungs- und Verarbeitungsstandards.
Besteht nicht die Gefahr, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher eher irritiert sind, wenn unterschiedliche Demeter-Logos in Umlauf sind?
Da bin ich frech und sage: Es ist der Name Demeter, der zieht, und die Qualität der Produkte, auch wenn dies unterschiedlich grafisch daherkommt.
Globus hat 46 Filialen, und sollte es irgendwann auch mit der Real-Kette zu einer Vereinbarung kommen, sind das sogar 350 Filialen. Wo soll eigentlich soviel Demeter-Ware herkommen?
(Lacht) Das ist in der Tat eine Frage. Viel Demeter-Ware kommt auch jetzt schon aus dem Ausland. Wir wollen uns aber in der Zusammenarbeit mit den Ketten darum kümmern, dass auch regionale Höfe stärker davon profitieren und klar, die Zusammenarbeit mit Höfen, die Gewinnung von Umstellungsbetrieben und die gesamte Nachwuchsarbeit gehört zu unseren Kernaufgaben. Da sind wir wach und wollen ein Miteinander von ganz verschiedenen und auch von ganz individuellen Vermarktungsstrukturen, die zu den Höfen passen.
Und daran anschließend die Frage: Mehr Nachfrage und größere Mengen führen fast zwangsläufig zu mehr Spezialisierung in der Herstellung. Großbetriebe wären im Vorteil.
Der Gedanke ist naheliegend und charmant widersetzt sich die Demeter-Philosophie des Hoforganismus und der Hofindividualität gerade dieser Wachstum-ist-gleich-Spezialisierung-Logik! Ich wage da keine Prognose, bin mir aber dieser möglichen Skepsis bewusst und werde dies häufig gefragt. Welche Veränderung bedeutet das alles für das Biodynamische? Da werden wir sehr achtsam sein müssen.
Aus dem Biodynamischen heraus haben wir im Anbau objektive Kriterien. Eines davon ist die Qualität des Bodens, an dem wir unsere Arbeit messen können. Auf den Aufbau eines lebendigen Bodens zielt ja alles im Biodynamischen, mit dem Kompost, dem Mist, mit den Präparaten, mit der richtigen Fruchtfolge, mit der Züchtungsarbeit. Die Pflanzen- und Tierwelt nährt den Boden, das sind komplexe und vielseitige Wechselbeziehungen. Einseitigkeiten gehen zu Lasten des Bodens und gerade da ist das Biodynamische eine Methode, mit der wir landwirtschaftliche Böden aufbauen können. Wenn die Qualität der Arbeit mit dem Boden nicht mehr entsprechend ist, wäre es eben nicht mehr biodynamisch.
Interview: Jens Heisterkamp